Hintergrund

Anki ist ein Programm, dass es einfach macht, sich Dinge zu merken. Weil es viel effizienter ist als traditionelle Lernmethoden, kannst du entweder deine Lernzeit drastisch reduzieren oder die Menge, die du lernst, enorm steigern.

Jeder, der sich in seinem Alltag Dinge merken muss, kann von Anki profitieren. Da es inhaltsunabhängig ist und Bilder, Ton, Video und wissenschaftliche Textauszeichnung (durch LaTeX) unterstützt, sind die Möglichkeiten unbegrenzt. Hier sind ein paar Beispiele, was du mit Anki machen kannst:

  • eine Sprache lernen

  • für eine Medizin- oder Jura-Prüfung lernen

  • Namen und Gesichter auswendig lernen

  • deine Geographiekenntnisse auffrischen

  • lange Gedichte meistern

  • sogar Gitarrenakkorde üben!

Hinter Anki stehen zwei simple Konzepte: active recall testing (aktive Erinnerungsprüfung) und spaced repetition (verteilte Wiederholung). Den meisten Lernern sind sie unbekannt, obwohl über sie seit Jahren in der wissenschaftlichen Literatur berichtet wird. Zu verstehen, wie sie funktionieren, wird dich effektiver lernen lassen.

Active recall testing

Active recall testing bedeutet, eine Frage gestellt zu bekommen und zu versuchen, sich an die Antwort zu erinnern, mit anderen Worten, abgefragt zu werden. Das Gegenstück dazu ist passives Lernen, bei dem wir etwas lesen, sehen oder hören, ohne dabei innezuhalten, um zu überlegen, ob wir die Antwort kennen. Die Forschung hat gezeigt, dass Abfragen wesentlich effektiver dazu ist, starke Erinnerungen zu formen, als passives Lernen. Dafür gibt es zwei Gründe:

  • Das Abrufen einer Erinnerung stärkt sie und erhöht damit die Chance, sie erneut abrufen zu können.

  • Können wir eine Frage nicht beantworten, sagt uns das, dass wir den Stoff wiederholen oder neu erlernen müssen.

Wahrscheinlich kennst du active recall testing aus deiner Schulzeit, ohne dass es dir bewusst ist. Wenn ein guter Lehrer dich nach der Lektüre eines Artikels eine Reihe von Fragen beantworten oder wöchentliche Tests schreiben lässt, macht er das nicht nur, um zu prüfen, ob du den Stoff verstanden hast. Durch das Abfragen erhöht er auch die Wahrscheinlichkeit, dass du dich in Zukunft daran erinnern können wirst.

Eine gute Möglichkeit, active recall testing in deinen eigenen Lernprozess zu integrieren, sind Karteikarten. Bei traditionellen Karteikarten aus Papier schreibst du eine Frage auf die eine und die Antwort auf die andere Seite. Indem du die Karte nicht umdrehst, bis du über die Antwort nachgedacht hast, kannst effektiver lernen, als durch passives Lernen möglich wäre.

Use it or lose it

Unser Gehirn ist eine effiziente Maschine, das Informationen, die nicht nützlich erscheinen, schnell entsorgt. Vermutlich erinnerst du dich nicht daran, was du am Montag vor zwei Wochen zum Abendessen hattest, weil diese Information für gewöhnlich keinen Nutzen bringt. Wenn du an dem Tag allerdings in einem großartigen Restaurant warst und die letzten zwei Wochen jedem erzählt hast, wie toll es war, kannst du dich wahrscheinlich noch lebhaft daran erinnern.

Das Gehirn wendet das Prinzip "use it or lose it" ("benutz es oder verlier es") auf alles an, was wir lernen. Wenn du einen Nachmittag lang Fachausdrücke auswendig gelernt und dann zwei Wochen nicht daran gedacht hast, hast du vermutlich die meisten wieder vergessen. Tatsächlich haben Studien gezeigt, dass wir etwa 75% des gelernten Stoffes innerhalb von 48 Stunden vergessen. Das mag ziemlich deprimierend erscheinen, wenn du du sehr viel lernen musst!

Die Lösung ist jedoch einfach: Wiederholung. Durch das Wiederholen neu erlernter Informationen, können wir dem Vergessen stark entgegenwirken.

Das einzige Problem ist, dass Wiederholung traditioneller Weise nicht sehr praktikabel ist. Benutzt du Karteikarten aus Papier, kannst du sie schnell durchblättern, wenn du nur 30 von ihnen wiederholen musst. Aber wenn es 300 oder 3000 sind, wird die Handhabung schnell schwierig.

Spaced Repetition

Über den Abstandseffekt berichtete 1885 der deutsche Psychologe Hermann Ebbinghaus. Er beobachtete, dass wir uns besser an Dinge erinnern können, wenn die Wiederholungen über einen gewissen Zeitraum verteilt, anstatt alle in einer einzigen Sitzung erfolgt sind. Seit den 1930ern wurde eine Reihe von Vorschlägen gemacht, wie dieser Effekt zur Verbesserung des Lernprozesses genutzt werden kann, und es etablierte sich der Begriff spaced repetition.

Ein Beispiel dafür ist die Spaced-Repetition-Methode mittels Karteikarten aus Papier, die der deutsche Publizist Sebastian Leitner 1972 bekannt machte. Indem die Karten in eine Reihe von Kästen eingeordnet und je nach erfolgreicher oder gescheiterter Wiederholung einem neuen Kasten zugeordnet wurden, war es möglich, mit einem Blick einen groben Überblick davon zu bekommen, wie gut eine Karte bekannt war und wann die nächste Wiederholung erfolgen sollte. Das war eine deutliche Verbesserung zu nur einem einzelnen Kasten und wurde weitgehend in Karteikarten-Software umgesetzt. Es ist allerdings ein eher ungenaues Vorgehen, da es kein exaktes Datum liefert, zu dem Stoff wiederholt werden sollte, und nicht gut mit Stoff unterschiedlicher Schwierigkeit zurechtkommt.

Die größten Entwicklungen in den letzten 30 Jahren stammen von den Urhebern von SuperMemo, einem kommerziellen Karteikartenprogramm, das spaced repetition benutzt. SuperMemo bereitete den Weg für ein System, das den optimalen Zeitpunkt für die Wiederholung des Lernstoffs überwacht und sich selbst basierend auf der Leistung des Anwenders optimiert.

In SuperMemos System teilst du dem Programm bei jedem Beantworten einer Frage mit, wie gut du dich erinnern konntest — ob du die Antwort komplett vergessen hattest, einen kleinen Fehler gemacht hast, Schwierigkeiten hattest, dich zu erinnern, dich leicht erinnern konntest, etc. Das Programm nutzt diese Rückmeldung, um den perfekten Zeitpunkt zu bestimmen, dir die Frage erneut zu zeigen. Weil die Erinnerung durch jeden erfolgreichen Abruf stärker wird, wird die Zeit zwischen den Wiederholungen länger und länger. So siehst du eine Frage vielleicht das erste Mal, dann 3 Tage später, 15 Tage später, 45 Tage später und so weiter.

Das war eine Revolution des Lernens, da es bedeutete, dass Stoff mit dem absoluten Minimum an Aufwand gelernt und behalten werden konnte. SuperMemos Slogan fasst es zusammen: Mit spaced repetition kannst du Vergessen vergessen.

Warum Anki?

Obwohl SuperMemos enormer Einfluss auf das Gebiet nicht zu leugnen ist, hat es auch seine Probleme. Das Programm wird oft als fehlerhaft und schwer navigierbar kritisert. Es läuft nur auf Windows. Es is geschützte Software, das heißt Endbenutzer können sie nicht erweitern oder auf die Rohdaten zugreifen. Und während sehr alte Versionen kostenlos zur Vefügung gestellt wurden, sind sie für die heutige Nutzung ziemlich limitiert.

Anki behebt diese Probleme. Es gibt kostenlose Versionen für viele Plattformen, sodass Schüler und Lehrer mit begrenztem Budget nicht außen vor sind. Anki ist quelloffene Software mit einer florierenden Sammlung von Erweiterungen, die von Endbenutzern beigesteuert wurden. Es läuft auf vielen Plattformen, Windows, macOS, Linux/FreeBSD und einigen Mobilgeräten. Und es ist wesentlich einfacher zu benutzen als SuperMemo.

Ankis Spaced-Repetition-System basiert auf einem älteren, SM-2 genannten Algorithmus von SuperMemo.